In einer virtuellen Welt

Online-Shopping bei Roma e Toska

Seit vergangenen Sonnabend besitzt Roma e Toska einen neuen Online-Shop, nicht dass wir vorher keinen hatten, aber er gefiel mir nicht. Er war so statisch, ein wenig verkrampft, und warum sich da überhaupt herumtummeln, wenn es doch so viel unterhaltsamer ist, mit den Kunden hier auf der Insel zu plaudern und sie zu stylen. Nein, online war einfach nicht meine Welt. Und so habe ich gebremst und verworfen, immer wieder neu gedacht und alles Monat für Monat herausgezögert. Jeder um mich herum ist schier wahnsinnig geworden: die Agentur, das Team, die Sylter Urlauber, die hofften, nun auch bald aus dem fernen Zuhause im Netz bei Roma e Toska zu stöbern.

Wo alle Modefirmen online gehen, musste ich für mich diesen Teil der Welt noch einmal neu erfinden oder besser gesagt, überlegen, wie das überhaupt funktioniert. 

Wie präsentiert sich eine Marke online, die exklusiv ist, aber noch nicht wirklich über die Grenzen hinaus bekannt? Wie zeigt man Modelle, die ihren Charakter und ihre Ausstrahlung durch die besonderen Materialien erhalten? Wie verkauft man, wenn die Kundin nicht direkt vor einem steht, wenn man nicht zwischendurch über die neueste Ausstellung, das gelesene Buch oder was einen gerade umtreibt, plaudern kann? Und schlussendlich: Wie verkauft man warmherzig und menschlich, wo es nur um den schnellen Klick geht? 

Werde ich jetzt mit meinen 58 Jahren zur virtuellen Großmutter, die sich verweigert? Nein, werde ich nicht. Kein modernes Mode-Label kann auf Online-Shopping verzichten. Wir leben in einer digitalen Welt und dazu gehört mittlerweile auch das Einkaufen von Fashion, von Luxus-Fashion wohlgemerkt. Handelt es sich um Gucci, Prada & Co. dann ist es leichter, da wir die Teile aus den Zeitschriften oder Geschäften kennen, der große Name steht für das »Haben-Wollen«. Firmen und ihre Gründer wie Net-a-Porter, MyTheresa oder die Plattform Farfetch sind darüber steinreich geworden. Aber bei denen hat es bis dahin auch gedauert und bei mir ist das nicht anders. Es ist der dritte Online-Shop von der Roma e Toska, der nun an den Start geht. Immer ist noch nicht alles ganz an seinem Platz und so hübsch, wie ich es mir wünsche, aber es ist anders geworden als zuvor. Ich habe versucht, meine Welt darin zu entfalten mit meinen Worten und meinen Bildern, die Events in der Milchstraße 11 in Hamburg-Pöseldorf, das alte Kapitänshaus in Kampen, die Nachhaltigkeit von Material und Produktion, die Anfänge vor 18 Jahren.   Wie die Zeit vergeht, als alles begann, unbedarft als kleines ungewöhnliches Label für Mädchen, waren meine beiden Töchter und Namensgeberinnen Roma (25) gerade mal sieben und Toska (22) vier. Seit damals geht es vom Schreibtisch in die Welt!

Es stimmt, ich schreibe gern und viel, jeden Tag in meinem Blog, ich verfasse noch begeistert Briefe, ich notiere mit Bleistift meine Gedanken in meinem Skizzenbuch, und ich liebe diese kleine Kolumne für SYLT life jeden Mittwoch. Wie formuliert man nun jedoch diese endlos langweiligen technischen und werblichen Beschreibungen für die Produkte im Online-Shop? Ich hau’s mal einfach raus und schreibe, wie ich es jeder Kundin erzählen würde, wie etwas entstanden ist, warum es mir am Herzen liegt, wieso die Knöpfe so ausgewählt wurden und der Arm anders eingesetzt wurde, nämlich im rechten Winkel, damit daraus die Kimono-Bluse entsteht, die ich so sehr liebe. Und so fließt mir aus der Feder, was neben dem Camouflage-Tütü und der Waterscape-Bluse nun online zu lesen ist. 

Seit ein paar Wochen, in denen wir intensiv an der neuen Webseite und dem Shop gearbeitet haben, hat sich mein Wortschatz erweitert. Ich spreche von »Plugins«, ohne genau zu wissen, was gemeint ist. Produkte werden »eingepflegt«, irgendein »Script« hat etwas »zerschossen« – Hört sich nach Drama an. »Mailpoet« „hostet“ meine Adressen, und es gibt ein »Frontend« und ein »Backend«, in dem ich mich seit Sonntag tummele, denn es zeigt mir beinahe im Minutentakt die »Vistors« auf meiner Seite. Ich bin wieder »connected« mit der Welt da draußen und während ich am Sonntagabend in der Badewanne liege, shoppt jemand doch tatsächlich einen Rock samt Bluse und Seidentuch von Roma e Toska und bedankt sich mit einer kleinen lieben E-Mail. Es geht also doch in diesem zutraulichen Mix von unpersönlich und persönlich: Ihr bleibt Ihr, und ich bleib ich in der Welt von www.romaetoska.com.

Birgit Gräfin Tyszkiewicz