Roma e Toska

Mode als Kulturgut.
Wie sieht die Boutique von Morgen aus?

Es sind verstörende Zeiten im Moment, Umbruch, Aufbruch, Veränderung. Da hilft es schon, dass der Wind an der Küste manch trübe Gedanken wegpustet. Es gibt keine Branche, die nicht vehement darüber nachdenkt, wie sie sich neu aufstellt in dieser veränderten Welt von Pandemie, globalem Zahlenvergleich und lokalem Miteinander auf Distanz. Die Modeindustrie macht hier keine Ausnahme, ganz im Gegenteil, sie ist extrem am Experimentieren. Die Fashion-Shows mit Frontrow Celebrities sind abgesagt, digital konnte man miterleben, wie die Models geschminkt und anschließend über die Piazza in Lucca marschierten (Dior Herbst-Winter 2020), Zuschauer verboten. Jonathan Anderson, Chefdesigner von Loewe, schickte an seine 980 Topkunden eine Box mit Postern samt Kleister, um mit der Kollektion gleich die Wände zu tapezieren.

Nehmen wir es positiv: Sie alle denken wieder nach! Was ist Mode und wie sehen die (Verkaufs-) Orte der Zukunft aus? Es geht digital, soviel steht fest. Es wird hoffentlich nachhaltiger und auch stationär gibt es unendlich viele tastende Überlegungen. In diesen Reigen fügt sich das Hamburger Luxuslabel Roma e Toska mutig ein. Die Designerin und promovierte Kunsthistorikerin Birgit Gräfin Tyszkiewicz ist schon immer ihre eigenen Wege gegangen, die nun ein ganz anderes Gewicht erhalten. »Mode ist für mich Kultur. Ich drücke mich mit den Mitteln von Editionen, Stoffen und Farben kreativ aus und greife damit Trends auf, schaffe meine eigene Sprache. Für mich ist Fashion immer auch ein Zeitdokument, eine Verdichtung von Dingen, die uns beschäftigen.«

Viele erinnern sich an ihre Kollektionen der »Eisbären im Sommer«, den »Fabeln von Jean de La Fontaine« oder an das Heliozentrische Weltbild des »Kopernikus«. Für die aktuelle Edition wählte sie die Abbildungen der Medusen und Einzeller des großen Naturforscher Ernst Haeckel (1834-1919), der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die ältesten Wesen der Welt studierte. Mit seinen Zeichnungen und »Kunstformen der Natur« beeinflusste er den Jugendstil. Das Zitat auf dem Hangtag könnte nicht passender sein: »Wir können Schönheit nur wieder verstehen, wenn wir uns nicht länger der Frage verschließen, was Leben ist. Nur dann haben wir eine Chance, die Natur oder das, was bis dahin von ihr geblieben ist, zu bewahren.«

Das Kapitänshaus in Kampen und Flagship-Store von Roma e Toska ist wie eine Wunderkammer, in der sich die Mode mischt mit Accessoires, Kunst, Interieur, Kleinobjekten und Antiquitäten. Alles steht miteinander in einem gelebten Dialog und wird zu etwas Selbstverständlichem, mit dem wir uns gern umgeben. So könnte wirklich die Boutique der Zukunft aussehen, nur das wir es dann nicht mehr »Boutique« nennen würden.

Und dann gibt es noch eine Neuigkeit: Roma e Toska ist wieder in Hamburg vertreten. Zusammen mit dem Galeristen Thomas Holthoff und seinem Tempel 1844 eröffnete Gräfin Tyszkiewicz am 15. Oktober das Projekte POOLSTRASSE 12 in der Hamburger-Neustadt. Erneut geht es um den Dialog von Kunst, Mode und Lifestyle. Dafür wählte sie einen außergewöhnlichen Ort, den man als »magisch« bezeichnen könnte, mit der ersten Reform Synagoge der Welt, 1844 erbaut und 1944 zu einem großen Teil zerbombt. Es stehen noch Fragmente und im vorderen Bereich sind nun die neuen Ausstellungsflächen entstanden. Im Verlauf der nächsten Wochen gibt es dort verschiedene kleine Events und Vorträge und jeder kann sich nach Voranmeldung dort verabreden. Den Auftakt machte Dr. Karen Michels mit dem Thema »Magische Räume, jüdisches Stadtleben«.

Wer weitere Details erfahren möchte, der liest in dem Blog der Gräfin, die täglich schreibt, was sie so umtreibt in der Welt: www.blog.romaetoska.com. Anmeldungen unter: info@romaetoska.de